Mittlerweile arbeiten alle Grundschulen inklusive, d. h. es gibt einen gleichberechtigten Zugang zur Grundschule für Kinder mit und ohne Behinderungen. Daraus resultiert, dass diese Kinder sonderpädagogische Unterstützungsbedarfe haben oder bekommen werden. Die Eltern müssen und können entscheiden, ob sie ihr Kind an einer Regelschule anmelden wollen oder nicht.
Die Alternative wäre die Anmeldung an einer Förderschule des entsprechenden Förderschwerpunktes.
Folgende Förderschwerpunkte werden/wurden an Förderschulen angeboten:
- emotionale und soziale Entwicklung (ESE)
- geistige Entwicklung (GE)
- körperliche und motorische Entwicklung (KME)
- Hören (HÖ)
- Sehen (SE)
- Lernen (LE – läuft seit 2013 aufsteigend aus, für GS nicht mehr relevant, da über die sonderpädagogische Grundversorgung abgedeckt)
- Sprache (SR – Bestandsschutz für bestehende Förderschulen, Neugründungen sind nicht möglich.)
Die genannten Förderschwerpunkte stellen gleichzeitig und sinngemäß den Unterstützungsbedarf eines Kindes im Sinne der Inklusion dar.
Unterstützungsbedarfe
Damit ein Kind inklusiv beschult wird/werden kann, muss ein sonderpädagogischer Unterstützungsbedarf festgestellt werden. Das Verfahren hierzu wird von der Schulleitung initiiert.
Dabei wird unterschieden, ob das Verfahren vor oder während des Schulbesuches eingeleitet wird.
Vor der Einschulung kommt es z. B. bei signifikanten Einschränkungen und erheblichen Behinderungen (ICD-10) in den körperlichen Dispositionen (KME, SE, SR, GE) eines Kindes zur Einleitung.
Beispiele:
- KME, Kinder im Rollstuhl, Missbildungen, etc.
- SE, Kinder mit stark eingeschränkter Sehfähigkeit
- SR, Kinder mit organischen und psychischen Einschränkungen der Sprache und der Sprachentwicklung (siehe auch HÖ) wie bei Mutismus, Dysphasie, Aphasie, etc.
- HÖ, Kinder mit stark eingeschränkter Hörleistung wie bei AVS, AVWS, etc.
- GE, Kinder mit geistigen Entwicklungsverzögerungen oder -störungen, wie Autismus in all seinen Spektren wie dem Asperger-Syndrom und dem frühkindlichen Autismus
- ESE, Kinder mit allen Formen der emotional-sozialen Störungen, Defiziten, Entwicklungsstörungen, etc.
Diese genannten Bespiele können ein Indiz oder einen Grund für die Einleitung des Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfes (SUB) sein. Es ist jedoch kein Automatismus!
Gegenbeispiele:
- Nur, weil ein Kind im Rollstuhl sitzt, muss es nicht zwingend einen SUB bekommen. Der Rollstuhl kann die Nachteile ausgleichen und muss die erfolgreiche Teilnahme am Unterricht nicht behindern.
- Nur weil ein Kind eine eingeschränkte Hörleistung besitzt, muss es nicht zwingend einen SUB bekommen. Ein Hörgerät oder eine FM-Anlage kann die Nachteile ausgleichen.
- usw.
Nach der Einschulung, also während des Schulbesuches, kommt zusätzlich noch der Bereich Lernen (LE) dazu. Aufgrund der Struktur dieses Unterstützungsbedarfes und den zu bewältigenden Aufgaben kann die Lernstörung dem Grunde nach erst in der Schulzeit festgestellt werden. Genau dann, wenn die geforderten Aufgaben und Leistungen erlernt, aber nicht erbracht werden können. Und dies ist im Falle des Unterstützungsbedarfes Lernen erst ab der dritten Klasse möglich. Hierzu sind mehrere Förderpläne und schulische Maßnahmen im Vorfeld notwendig, darunter fällt auch die notwendige Wiederholung des Schuljahres.
Abgrenzung
Ist der sonderpädagogische Unterstützungsbedarf immer gleichzusetzen mit einer Behinderung?
NEIN!
Eine Behinderung erfordert eine ärztliche Diagnose nach dem ICD-10 Schema. Wenn die Schule das Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfes abschließt und zur Entscheidung der niedersächsischen Landesschulbehörde vorlegt, wird nach Prüfung der Vorgangsakte ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung festgestellt (oder auch nicht). Diese Feststellung entspricht keiner ärztlichen Diagnose. Sie ist vielmehr eine pädagogische Entscheidung zur Hilfe und Unterstützung des Kindes.
So kann es durchaus sein, dass das Kind im Rollstuhl ohne einen Unterstützungsbedarf (aber mit einem entsprechendem Tisch) die Grundschule absolviert und, dass ein Kind ohne ärztliche Diagnose trotzdem einen Unterstützungsbedarf z. B. Lernen oder emotionale-soziale Entwicklung erhält.
Für immer?
Ein einmal festgestellter Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung kann bei Bedarf verändert werden oder auch wegfallen, bzw. aufgehoben werden. In der Grundschule ist hierbei in der 4. Klasse, zum Wechsel der Schulform nach Klasse 4, zwingend das Verfahren zur Feststellung des sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfes erneut einzuleiten und zu prüfen, ob die Bedarfe weiterhin bestehen. Somit übernehmen die Grundschulen die Prüfung für die weiterführenden Schulen in Niedersachsen vor.